Not

Die Weltgemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 kein Mensch auf der Erde mehr hungern oder mangelernährt sein soll. Ein ehrgeiziger Plan: Heute hungern 768 Millionen Menschen chronisch; das sind fast zehn Prozent der Weltbevölkerung.

Seit 2015 kamen jährlich zehn Millionen Hungernde dazu, verursacht durch Wirtschaftskrisen, Konflikte und den Klimawandel. Die COVID-19-Pandemie treibt den Hunger zusätzlich an. Frauen und Kinder sind am stärksten betroffen, vor allem in kleinbäuerlichen Strukturen.

2,37 Milliarden Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Lebensmitteln. Insgesamt können sich drei Milliarden keine gesunde Ernährung leisten. Ihr Einkommen reicht im besten Fall aus, satt zu werden, aber nicht dafür, den Körper mit allen nötigen Nährstoffen zu versorgen.

Not © Paula Troxler

Die Ernährungslage in der Schweiz

In der Schweiz ist die Ernährungslage sicher. Es stehen ständig genug Lebensmittel bereit und die Bevölkerung verfügt über genug Kaufkraft, um den täglichen Bedarf zu decken. Doch auch in der reichen Schweiz gibt es Menschen in Armut, die sich nicht ausreichend ernähren können. 2019 waren in der Schweiz 735 000 Personen arm. Das heisst, sie lebten durchschnittlich von 2279 Franken pro Monat oder von 3976 Franken pro Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern. Ein so tiefes Einkommen reicht nicht, um den Lebensunterhalt sicherzustellen. Viele von ihnen sind in der COVID-19-Pandemie auf Lebensmittelspenden angewiesen.

Verteilung

Es gibt genug Lebensmittel auf der Welt, um alle Menschen zu ernähren. Hunger wäre also vermeidbar. Er gründet in sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit. Eine gerechtere Welt bräuchte nachhaltige Anbau- und Verarbeitungsweisen von Lebensmitteln. Nahrung muss für alle Menschen zugänglich und erschwinglich sein.

Armut

Armut ist die Hauptursache für Hunger. Hungernde leben meist in extremer Armut. Sie verdienen keine zwei Dollar am Tag und können sich Essen schlichtweg nicht leisten. Hunger vermindert die Leistungsfähigkeit und macht krank, sodass die Armut weiter zunimmt. Armut und Hunger gibt es in allen Ländern und Regionen der Welt.

Wirtschaft

Kriselt die Wirtschaft, gibt es mehr Arbeitslose und die Löhne sinken. Viele Menschen können sich dann keine hochwertigen Lebensmittel mehr leisten und müssen auch bei der medizinischen Versorgung sparen.

Konflikte

Über die Hälfte der Hungernden leben in Konfliktgebieten. Menschen auf der Flucht können die Felder nicht bestellen. Zerstörte Verkehrswege erschweren den Transport, sodass Lebensmittel rar und teurer werden.

Kriegswaffen

Hunger als Waffe ist so alt wie der Krieg selbst und galt lange Zeit als Begleiterscheinung oder gar als Mittel des Kriegs. Das Völkerrecht verbietet seit 1977, lebensnotwendige Infrastruktur zu zerstören oder zu beseitigen. 2019 erklärten die Vereinten Nationen das Aushungern der Bevölkerung zum Kriegsverbrechen.

Klimawandel

Mit fortschreitendem Klimawandel ereignen sich häufiger Naturkatastrophen. Hitzewellen, Überschwemmungen, tauender Permafrost und steigende Wasserpegel bedrohen die Ernährungssicherheit. Die Folgen sind Wassermangel, Bodenerosion und Ernteausfälle. Viele Anbauflächen gehen für die Landwirtschaft verloren. Das verteuert die Lebensmittel.

Stufen des Hungers

Um Hunger weltweit zu überwachen, erfassen die Behörden, wie viele Menschen unterernährt sind. Sie erschliessen dies daraus, wie verfügbar Lebensmittel sind, und vergleichen den Verbrauch mit dem Energiebedarf. Die folgende Skala unterscheidet in fünf Stufen Ausmass und Schwere von Hunger. Daran orientieren sich die Hilfsmassnahmen von Regierungen und Organisationen.

Stufe 1: Sichere Ernährungslage: Weniger als drei Prozent der Bevölkerung leiden an Unter- oder Mangelernährung. Beispiele: Schweiz, Deutschland, Japan und die USA.

Stufe 2: Angespannte Ernährungslage: Eine Minderheit kann sich wichtige Lebensmittel nicht leisten. Weniger als zehn Prozent der Bevölkerung sind unterernährt. Beispiele: Andenregionen in Südamerika, Teile Chinas und syrische Geflüchtete in der Türkei.

Stufe 3: Ernährungskrise: Trotz Nothilfe ist mindestens ein Fünftel aller Haushalte unterversorgt. Zehn bis fünfzehn Prozent der Bevölkerung sind mangel- oder unterernährt. Beispiele: Bevölkerungsteile in Haiti, El Salvador, Indonesien, Nigeria, Äthiopien und Jordanien.

Stufe 4: Notsituation: Mehr als 15 Prozent der Bevölkerung haben keinen oder nur einen stark begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln. Beispiele: Bevölkerungsteile in Senegal, Mali, Malawi, Äthiopien, in der Demokratischen Republik Kongo, in Mozambique und Afghanistan.

Stufe 5: Hungersnot: Mindestens 30 Prozent der Bevölkerung sind unterernährt, trotz humanitärer Hilfe. Sie müssen mit weniger als vier Litern Wasser am Tag auskommen. Viele Menschen können sich ihre Lebensgrundlage nicht mehr sichern. Täglich sterben zwei von 10 000 Menschen an Hunger. Beispiele: Jemen und Südsudan.

Kapitel Not © M. Stollenwerk